Samstag, Oktober 07, 2006

Hannes Wader - Mal angenommen...

...Hannes Wader gibt ein Konzert, und man geht nicht hin. Dann hat man was verpasst!


Sehr fleißig sei er im letzten Jahr gewesen erzählt mit Blick auf das neue Album „Mal angenommen“. Einige Lieder will er vorstellen, aber nicht alle – als Zugeständnis ans Publikum, das erfahrungsgemäß lieber die alten Lieder hört, aber auch an sich selbst, da das Text lernen nicht einfacher werde.

„Wenn der Dichter über 60 ist, darf man erwarten, dass er sich mit der Endlichkeit beschäftigt“, meint er, auch wenn er das schon immer getan habe. Damit leitet er über zu der die ergreifend melancholische Weise „Schwestern, Brüder…“ – sein Text zu dem alten englischen Volkslied „What’s the life more than er leaf“. Ein Lied der Vergänglichkeit und des würdevollen Sterbens.

Sehr melodisch führt an den „Hölzernen Brunnen“, an dem er sich mit Freunden im Elsaß sehr wohlgefühlt hat, und lädt ein zum Besuch des schönsten Weißdornstrauchs, den er je gesehen hat. Es ist sein Strauch, und die Wegbeschreibung dorthin liefert er gleich mit. „Sie müssen ja nicht unbedingt alle bei mir klingeln“, schränkt er vorsichtshalber ein. Beide Lieder, in denen Elfen und der Zauberer Merlin das Bild verzaubern, verleiten zum Träumen und bestechen durch gefühlvolle Ausdruckskraft. Der scharfe Kontrast hierzu bleibt jedoch nicht aus.

„Je älter man wird, umso mehr hat man zu sagen“, stellt Wader fest. So begründet er das mit 16 Minuten längste Lied, das er je geschrieben hat. „Länger als der ,Tankerkönig’ , kürzer als das Nibelungenlied.“
Episodenhaft erzählt er im „Familienerbe“ von Ereignissen vor dem Hintergrund der sozialdemokratischen Ausrichtung beider Linien seiner Familie im Landproletaritat Ostwestfalens – drastisch und eindringlich. Es geht um Vertreibung, Elend und Zivilcourage.

Er selbst hat das Erbe nicht angetreten. „Alles Sozialdemokraten – mit einer Ausnahme. Ich war nie einer.“
Dass er seiner sozialistischen Haltung treu geblieben ist, zeigt neben der Auswahl der Lieder die Neufassung des historischen Freiheitslieds „Trotz alledem“:


Je länger das Konzert dauert, umso länger werden die Pausen, in den Wader seine Gitarre stimmt. Dieser "Rückfall in alte Verhaltensmuster" ist ihm nicht ganz geheuer: „Vor 30 Jahren war ich berühmt dafür, den ganzen Abend meine Gitarre zu stimmen, und jetzt fang ich damit wieder an“, meint er kopfschüttelnd.
Das Publikum stört’ s nicht. Drei Zugaben verlangt es, die Wader zufrieden vor sich hinlachend gewährt.


So markant wie das Profil sind seine großartigen Texte. Er kann's eben.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Interessanter Kopf, dem viele gute Texte entsprungen sind.
Ein bischen Melancholie ist nötig, ein bischen Humor, ein bischen Ironie gegen die eigenen Unarten...seelenverwandt

Phönix hat gesagt…

Schön, mal wieder den richtigen Namen zu lesen.;)
Ja, Du sagst es. Hervoragende poetische Texte, und nicht zu vergessen: der Kampfgeist.

Phönix