Freitag, August 22, 2008

Gerhard Polt

Geistreiche Gaudi

In den Begrüßungsapplaus hinein beginnt er zu erzählen: Von seiner Garage, einem Prachtbau, sauteuer gefliest – man gönnt sich ja sonst auch was – mit Bodenheizung, Kaffeemaschine, Stereoanlage, Urinal und Herrgottswinkel; von seinen Plänen zur Einrichtung eines CSU-Museums – das einzig Wesentliche, das den Bayern noch fehlt, eine echte Lücke. Der Mann sprüht vor Ideen, reißt das Publikum mit seiner Begeisterung mit. Und was hat er nicht schon alles an Exponaten gesammelt und zusammengetragen! Heiligenbilder von Höcherl, Tandler und dem Ochsensepp (Josef Müller), dem legendären Gründer der CSU. Nicht minder legendär ein Originalfoto des als Old Schwurhand zu Ruhm gelangten Ministers Zimmermann in dem Moment, als er den Meineid schwor. Daneben Märtyrer-Bilder von Stoiber, sieben Originalseiten eines Dossiers von Strauß-Tochter Monika Hohlmeyer mit der grandiosen Aussage „Dieses Dreckschwein mach’ ich fertig“, von ihrem Vater einen Knochen seiner Lieblingsschweinshaxe.

Gewürdigt wird auch Otto Wiesheu – heute bei der Deutschen Bahn. Man vergisst ja viel zu schnell, und selbstverständlich soll unvergessen bleiben, dass dieser berühmte Sohn Bayerns einst im Vollrausch mit 1,99 Promille im Blut einen Polen totfuhr und praktisch gleich darauf zum bayerischen Staatsminister für Verkehr ernannt wurde.

Polts rabenschwarzer Humor kommt harmlos daher – freundlich verpackt in die bayerische Sprache, in der von der gebollerten „Drecksau“ bis zum „G’schwollschädel“ auf dem Bauamt kein Blatt vors Maul genommen wird und trotzdem alles irgendwie sympathisch klingt und Lachsalven zündet.
Die bitterbösen Pointen treffen um so heftiger. Beispielsweise dann, wenn das allgemeine Mitleid mit dem alten Herrn, der einst leidenschaftlicher Frühstücker war und nun vor Kummer über erfahrene Ungerechtigkeit nichts mehr herunterbekommt, den Höhepunkt erreicht und sich dann herausstellt, dass die Eltern des von ihm überfahrenen Kindes, mit ihrer Klage gegen ihn aus dem Tod ihres Kindes doch bloß Kapital schlagen wollen. Polts dramaturgischer Aufbau seiner Vorträge ist rasch durchschaut, was die Überraschung der Pointe aber nicht verdirbt, sondern sie viel mehr mit kribbelnder Spannung erwarten lässt.

So haut er gnadenlos auf „Minderheiten“ mit ihren typischen Quertreibern ein, die vom Autobahn- bis Atomkraftwerkbau alles verhindern wollen und doch nie was erreichen außer zu nerven, um dann plötzlich der Mehrheit, vor allem der schweigenden, die aus Dummheit, Faulheit und Ignoranz alles mit sich machen lässt, den Spiegel vorzuhalten.

2 Kommentare:

juerginskyi hat gesagt…

Und hier kann ich noch einen ganz aktuellen Link beisteuern:
http://www.jungewelt.de/2008/08-25/052.php
Jürgen

Phönix hat gesagt…

Danke, Jürgen,
ihn zu lesen, stell ich mir auch gut vor, aber ich würde in diesem Fall dann doch aufs Hörbuch warten.