Sonntag, November 16, 2008

Klaus Hoffmann

"Mein Herz hat viele Räume"


Seine Fans lieben Klaus Hoffmann – weil er anders ist als alle anderen. Weil ein Abend mit ihm ein Hochgenuss ist. Weil er mehr bietet als alle anderen. Weil er erzählt, weil er singt und weil er tanzt, weil er zum Weinen und zum Lachen bringt, weil er träumt und weil er höchste Qualität liefert. Und weil er sich da oben den „Arsch aufreißt“.

Das sagt er selbst und verbittet sich, dabei zu gähnen oder gar pinkeln zu gehen. „Ich könnte Ihnen folgen“, droht er.

Er rührt und berührt – wie immer - mit seinen Liedern, mit Hoffmanns Erzählungen, die auch an diesem Abend nicht zu kurz kommen. Es geht um Sehnsüchte, Liebe und Träume, die er als Kind in kleine Säckchen steckte und vergrub. Aber er passt höllisch auf, dass die geweckten Gefühle, Emotionen und Sentimentalitäten nicht überhand nehmen und ins Kitschige abgleiten. Das würgt er mit einer klug gesetzten kalten Dusche rechtzeitig ab.

Dabei wirft er alles in die Waagschale, was er zu bieten hat. Sein Können als Schauspieler, als singender Poet in bester französischer Tradition, als unterhaltender Conferencier und Dramaturg.

Und seine Band, die er die „beste Band der Welt nennt“, macht mit. So leicht und mühelos wie Hoffmann über die Bühne stapft und tänzelt, sich biegt und wiegt und mit den Hüften rollt, spannen seine Musiker einen weiten Bogen von Swing und Jazz über Sirtaki bis hin zur einfühlsamen Begleitung der sanftesten Balladen. Zu Recht rückt Klaus Hoffmann seine Mitspieler Hawo Bleich am Flügel, den Gitarristen Michael Brandt, Peter Keiser am Bass und Stephan Genze am Schlagzeug immer wieder in den Mittelpunkt.

Klaus Hoffmann erzählt an diesem Abend von sich. Er führt sich und das Publikum in seine Kindheit in den 50er Jahren zurück. Er liest Liebesbriefe vor, die er als sieben- und neunjähriger geschrieben hat, weil er sogar „zu schüchtern war zu denken, was er fühlte“ und erzählt vom schwärzesten Tag, als er zehn Jahre alt war und sein Vater starb und er so traurig war, dass er nicht einmal weinen konnte. Er erzählt von den Träumen seines Vaters, die später seine eigenen wurden, und schockt dann mit der Offenbarung, dass sein Vater ein absoluter Verlierer war. Insgesamt hatte er drei Väter, die alle eine Führer-Phobie hatten. Er erinnert an die Anfänge seiner Schauspielerei, sinniert bei den Gedanken an Gerd Fröbe vor leerem Theatersaal in der Freien Volksbühne und dem dahin dämmerden Harald Juhnke darüber, das Stars immer leuchten müssen. Er erzählt von Bob Dylan, den er am Anfang seiner Sängerkarriere gern kopiert hätte, seiner Bewunderung für Jaques Brel, der ihn so sehr beeinflusst hat.

„Meine ersten Lieder waren für mich so unverständlich wie für Sie“, gibt er zu. „Wir haben uns dran gewöhnt.“

Alle Erzählungen sind gekonnte Hinführungen zu den Liedern, die er nicht nur singt, sondern die er lebt – mit ganzem Körpereinsatz, mit Gestik, Mimik, variantenreich eingesetzter Stimme und ganzer Seele.

Fast vierhundert Lieder hat er geschrieben. Das Publikum würde am liebsten alle hören. Hoffmann setzt auf die jüngsten seines neuesten Albums „Spirit“, lässt aber auch die geliebten alten Lieder nicht außen vor.

Hoffmans Auswahl kommt an, und das Publikum darf auch Wünsche äußern: Röschen, Der alte Hunger bleibt, Träume, die in kleinen Säcken stecken, Der Boxer, Markttag, Jenseits der Angst, Jedes Kind braucht einen Engel, Für ein bisschen Zärtlichkeit, Derselbe Mond über Berlin, Treppe ruff und Treppe runter, Katharina fehlt natürlich ebenso nicht wie viele andere „Lieder für die kleine Ewigkeit“.

Als es vorbei ist, feiert ihn das Publikum mit stehenden Ovationen, pfeift, jubelt und ruft ihn zurück. Und es hat Erfolg damit. Klaus Hoffmann wusste, was ihn bei diesen Leuten erwartet. Er hat sich darauf eingestellt und viele Zugaben mitgebracht.

Noch ein paar Zitate aus Hoffmanns Erzählungen:

- Mein Herz hat viele Räume, und in einem wohnst vielleicht du

- Ich wollte immer eigene Lieder singen, und dann haben sie mir komische Namen gegeben wie „Singende Wärmflasche“

- Vielleicht war ich Gerhard Wendland

- Meine Väter hatten alle eine Führer-Phobie

- Sterne haben zu leuchten oder früh zu sterben

- Ich liebe dich. Auch deinen Po, wenn ich ihn von hinten seh.

- Gähnen Sie nicht, wenn ich mir hier den Arsch aufreiße.

- Meine ersten Lieder waren für mich so unverständlich wie für Sie.

Wir haben uns dran gewöhnt

- Meine Lieder wachsen auf der Straße

- Der Name meines neuesten Albums kam ganz banal zustande: In einer Gaststätte wollte jemand „Spirituosen“ auf eine Tafel schreiben und hatte nach dem „Spirit“ damit aufgehört. Das ging mir nicht mehr aus dem Kopf.

- Mein Briefträger fängt an zu singen, wenn er mich sieht, weil er denkt, wir sind in einer Casting-Show.

- Wenn ich mich bücke, macht mein Handy Fotos. Sind wir im Krieg – oder was?

- Ich hab ein Leben lang gebraucht, um der zu werden der ich bin

- Die haben mir meine Einsamkeit geklaut – seitdem bin ich unterwegs und muss mich vor jedem verstecken

- Ich versuche, mein Untergewicht joggend auszugleichen

- Ich lebe von meiner Kindheit

- Wir sind jetzt in der Blüte unserer Arterienverkalkung



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